Ein umstrittener 4000er im Monte Rosa
Die Punta Giordani (4.046 m) im Monte-Rosa-Massiv gilt als eher unscheinbarer Viertausender. Sie bildet die Schulter am Südostgrat der Vincentpyramide – und ob sie überhaupt als „richtiger“ 4000er zählt, ist wegen ihrer geringen Schartenhöhe von nur 15 m umstritten. Aber sie ist in der offiziellen Liste, also machen wir uns dran.
Am Vortag sind wir von Gressoney aus gestartet und haben knapp 1.700 Höhenmeter zur Mantova Hütte (3.498 m) zurückgelegt. Allein das war schon ein strammer Anstieg – aber für uns war klar: auch dieser Gipfel sollte ohne Seilbahn in Angriff genommen werden.
Das Wetter war an diesem Tag schwierig: dichter Nebel, immer wieder kurze Aufhellungen, dann gleich wieder graue Wand. Eigentlich nicht die Bedingungen, die man sich für Hochtouren wünscht. Genau deshalb haben wir uns für die Punta Giordani entschieden – technisch einfach, ohne heikle Schlüsselstellen, und trotzdem ein echter 4000er.
Von der Hütte steigt man zunächst leicht ab, quert ein steiniges Geröllfeld (gut markiert mit Steinmännern) und erreicht schließlich den Indren-Gletscher. Ab hier geht es angeseilt weiter – und wir mussten (durften!!) komplett selbst spuren. Extra Arbeit, die aber auch ein intensives Erlebnis ist.
Der Anstieg führt in gleichmäßiger Steigung über den Indren-Gletscher hinauf. Die letzten Meter legt man in Kraxelei im zweiten Grad über einen leichten Grat zurück – und dann steht man oben auf 4.046 Metern. Kein spektakulärer Gipfel, keine große Kreuz-Silhouette, aber für mich zählt er genauso wie jeder andere: ein weiterer Viertausender in meiner Sammlung. Eigentlich wollten wir die Punta Giordani schon bei unserer „Spaghetti-Runde“ mitnehmen, da hat es sich aber nicht ergeben – umso schöner, ihn jetzt als Einzelziel gemacht zu haben.
Nach einer kurzen Gipfelpause steigen wir direkt wieder ab – vorbei an der Mantova Hütte, weiter hinunter ins Tal. Am Ende summieren sich die Meter: 2.600 Tiefenmeter am Stück. Das spürt man in den Beinen. Trotzdem war es die richtige Entscheidung, diesen technisch einfachen Gipfel bei den schwierigen Wetterbedingungen auszuwählen. Auch wenn die Punta Giordani nicht den gleichen Klang hat wie bekanntere Gipfel, bleibt die Erinnerung an die Nebelschwaden, das kurze Aufreißen des Himmels – und das Gefühl, einen weiteren 4000er komplett aus eigener Kraft erreicht zu haben.
Gipfelhöhe: 4.046 m
Ausgangspunkt: Gressoney, Aufstieg über die Mantova Hütte (3.498 m)
Höhenmeter Zustieg Hütte: ca. 1.700 Hm
Höhenmeter Tourtag: ca. 800 Hm Aufstieg, 2.600 Hm Abstieg (Gegenanstieg!)
Schwierigkeit: technisch einfache Hochtour, Spaltengefahr beachten
Disclaimer: Hochtouren sind ernsthafte alpinistische Unternehmungen. Sie erfordern Erfahrung, die richtige Ausrüstung und alpine Kenntnisse – oder die Begleitung durch einen Bergführerin. Dieser Blogartikel ist ein persönlicher Erfahrungsbericht keine Garantie für die Sicherheit anderer.